Exkursion 2015 in den Unteren Muschelkalk des südlichen Harzvorlandes

Unsere jährliche Sommerexkursion führte uns Ende August 2015 wie bereits auch im Vorjahr für drei Tage in den Unteren Muschelkalk des südlichen Harzvorlandes. Die Vorerkundung der Tour und das Einholen der Zugangserlaubnisse für die Steinbrüche übernahm wieder Thorsten Petri aus Hildesheim. Er kennt sich als professioneller Fossiliengräber in der Gegend bestens aus und führte uns zu mehreren Aufschlüssen in unterschiedlichen Profilabschnitten des Unteren Muschelkalks.

 

Unsere Unterkunft wählten wir in der Ortschaft Wintzigerode im Landkreis Eichsfeld, die sich nach durchgeführter Sanierung mit vielen Baudenkmälern in einem schönen Ortsbild präsentiert.

 

Das Gasthaus „Zur Linde“ in Winzigerode war unsere Unterkunft.
Die kleine Dorfkirche gleich nebenan geht bis auf das 14. Jahrhundert zurück. Auch ein bisschen DDR-Nostalgie mit einem Original-Trabi war zu sehen.

Im gesamten südlichen Vorland des Harz sind zahlreiche Steinbrüche vorhanden, die den Unteren Muschelkalk erschließen. Eine Begehung ist immer abhängig von einer entsprechenden Genehmigung der Eigentümer bzw. der Betriebsleitungen. 

Erster Exkursionspunkt war ein aktiver Steinbruch bei Geisleden im Oberen Wellenkalk im Bereich der Terebratelbänke. Diese stellen neben den Schaumkalk- und Oolithbänken wichtige Leithorizonte innerhalb der monotonen Wellenkalke des Unteren Muschelkalks dar.

Es gelang uns einige Platten mit Terebrateln zu bergen. Interessant waren auch Stufen mit Zentimeter großen Calcitkristallen als Drusenausfüllungen.

   

Unser Hauptaugenmerk am Nachmittag des ersten Exkursionstages galt einem Verschüttungshorizont in der Nähe der Oberen Terebratelbank des Oberen Wellenkalks. Dieser ist als Echinodermen-Lagerstätte bereits seit geraumer Zeit aus mehreren Aufschlüssen bekannt, aber ohne genaue örtliche und stratigraphische Kenntnis kaum auffindbar. Zudem wechselt der Fossilinhalt auch innerhalb des Fundhorizonts.

Zunächst musste eine mehrere Dezimeter dicke Überdeckung abgebaut werden. Darunter zeigte sich eine durch Wellenschlag bei einem Sturmereignis stark skulpturierte Sedimentoberfläche, die in einem Flachwasserbereich entstand. Darin suchten wie nach verschütteten Echinodermenüberresten (Seeigeln, Schlangen- und Seesternen sowie Seelilien).

Nachdem der Event-Horizont ausgemacht wurde,
begannen wir mit dem Abräumen überdeckender Schichten.
Es mussten etwa 40 cm abgetragen werden.
Fossilien sammeln könnte auch der Entspannung dienen.

 

Die Abdeckung des Eventhorizonts ist freigelegt. Unter der stark gewellten Schicht
können nun Echinodermen verschüttet sein.

 

Bei mehrstündigem gemeinsamen Einsatz gelang gleich zu Beginn der Fund eines regulären Seeigels der Art Serpianotiaris coevata. Dieser war komplett erhalten und zeigte auch sein gesamtes Stachelkleid. Ein perfektes Sammlungsstück! Leider folgten trotz intensivem Einsatzes keine weiteren Funde nach.

Serpianotiaris coevata nach der Präparation
durch Thorsten.
Im Rahmen der Vorerkundung
für unsere Exkursion gelang
Thorsten der Fund dieses
Sepianotiaris.
Die Größe der Platte
beträgt 19 x 16 cm.
Größter Durchmesser der Seeigel-Corona 9 cm

 

Ein anderer Steinbruch erschloss die unteren Lagen des Unteren Wellenkalks bereits knapp über der Grenze zum Buntsandstein. Hauptaugenmerk galt den Überresten des Ceratiten-Vorläufers Beneckeia buchi.

Im Haldenmaterial konnten mehrere Exemplare auf Muschelbänken entdeckt werden, jedoch allesamt nicht in ausreichender Sammlungsqualität.

Suchbild mit Beneckeia buchi. Ein schlecht und nur zur Hälfte
erhaltener Steinkern von der
Steinplatte auf nebenstehender
Abbildung. Wie drei weitere Funde
in diesem Aufschluss leider nicht sammelwürdig.

 

 

Eine Überraschung bot ein weiterer Steinbruch im unteren Abschnitt des Unteren Wellenkalks etwa 10 bis 15 m über der Buntsandstein-Grenze . Wir fanden beim Absuchen eines Randbereiches des Steinbruchsgeländes eine komplette Krone der frühen Encrinidenart Encrinus acuelata. Eine Nachsuche durch Thorsten in der Folgewoche führte zur Entdeckung einer mehrere Meter langen Rinne, in welcher sich weitere Seelilienreste befanden.

Hier spitzen die Arme einer Encrinus acuelatus aus dem Gestein. Die gleiche Krone nach der Präparation. Größe ca. 20 mm.
Das gesamte Handstück (16 x 14 cm)
dieses Fundes zeigt neben
den Resten dreier Seelilien
eine Auster und einige Seeigelstacheln.
Detail mit Austernschale, Kelch einer Encrinus
und Seeigelstacheln
Die Nachsuche durch Thorsten
erbrachte teilweise prachtvolle Stücke,
wie diese komplette Krone einer
Encrinus acuelatus.
Platte 27 x 20 cm.
Thorsten und Wolfgang auf der Sprenghalde
an einer Steinbruchwand.
Das Auffinden bestimmter Leithorizonte,
wie der Terebratelbänke,
war wichtig für die gezielte Fossiliensuche.
Ein interessanter Fund,
wenn auch nicht zum
Mitnehmen:
Rinnenfüllung mit
Terebratelschalen.
Detailansicht nebenstehender Rinnenfüllung
Am Ende ein kleiner Exkursionsknigge:    
 Nie ohne saubere Schuhe in den Steinbruch!
Kein Bier oder sonstige alkoholische Getränke!
Und kein Tag ohne frische Rasur!

Es steht fest: Auch 2016 geht es wieder los in den Muschelkalk bei Göttingen!

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