Palmfarne – „lebende Fossilien“?

 

Ein Palmfarn (Nilsonia acuminata, Unterer Jura) aus meiner Fossiliensammlung und einer aus dem Blumentopf  (Cycas revoluta). Fossil und lebende Pflanze sind durch einen Zeitraum von 200 Millionen Jahren getrennt und haben sich in dieser Zeit kaum verändert.
Sind die heute lebenden Palmfarne deshalb als „lebende Fossilien“ zu betrachten?

 

Die vergessene Welt

Palmfarne auf dem Weg zum Roraima Tepui. Auf dem Roraima. Blick zum gegenüberliegenden Kukenam Tepui. Die Steilkanten sind etwa 800 m hoch. 

Im November 2010 war ich auf dem Weg zum Roraima Tepui in Venezuela. Nach zwei Tagesmärschen durch die Gran Sabana, einer ausgedehnten Savannenlandschaft (hier wurde in den 1990er Jahren „Jurrassic Parc“ gedreht), war der  Fuß des Berges erreicht. Die Vegetation in den bereits etwas höheren Lagen wechselte von einer palmenbestandenen Graslandschaft zu einem feuchteren tropischen Bewuchs. Wie ich erst heute nach Durchsicht meiner Fotos dieser Tour erkannte, war der Weg von Palmfarnen gesäumt. Dieser Abschnitt hatte dadurch etwas mesozoisches. Nicht umsonst hat Arthur Conan Doyle den Roraima Tepui zum Schauplatz seines Abenteuerromans „The lost World“ gemacht und hier eine vergessene Fauna aus Dinosauriern und Flugsauriern wiederauferstehen lassen.

Über die sog. „Rampe“ führte der Weg hinauf. Im unteren Bereich der Steilkante wuchsen Baumfarne. Oder handelt es sich auch  hier um einen Palmfarn? „Die verlorene Welt“ von Arthur Conan Doyle erschien 1912.

Rezente Palmfarne

Interessant sind Palmfarne für mich besonders deshalb, weil es sich um uralte Pflanzenordnung handelt, die auf eine schon 300 Millionen Jahre alte Geschichte zurück datiert werden kann.

Im Grund war die Entwicklung der Cycadeen schon im Perm weitestgehend abgeschlossen. Die heutigen Arten unterscheiden sich nur sehr wenig von den fossil überlieferten.

 

Palmfarne im Stadtpark von Lindau am Bodensee. < Wedel Palmfarn (Cycas media) in Queensland, Australien.

Biologie und Systematik

Palmfarne sind , wie der Name irreführend suggeriert, keine Farne. Sie sind auch nicht näher mit den Palmartigen verwandt . Sie gehören vielmehr mit den Koniferen, Ginkopflanzen und Gentumgewächsen innerhalb der Samenpflanzen  zu den Gymnospermen (Nacktsamern). Palmfarne sind zweihäusig getrenntgeschlechtig, es gibt also männliche und weibliche Individuen mit unterschiedlichen Zapfengebilden. Diese können einzeln oder in Gruppen an der Stammspitze zwischen den Wedeln stehen. Überall, wo Palmfarne natürlich vorkommen, wurden ihre Samen, wie auch das Mark der Stämme als Stärke-Lieferanten genutzt.

  Historische Darstellungen (Mitte des 19.Jahrhunderts).  

Gemälde von Zdenek Burian aus den 1950er Jahren mit Darstellung einer mesozoischen Landschaft. Zu sehen sind Schachtelhalme, Farne, Koniferen und Palmfarne (Cycadoidea mit kugelförmigem Stamm, sowie die baumartige Williamsonia in der rechten Bildmitte). Gravierender Unterschied zu unserer heutigen Flora ist das Fehlen von Blütenpflanzen (Angiospermen) und somit das Fehlen von Gräsern und Laubgehölzen, wie sie heute landschaftsbestimmend sind.

Fossile Palmfarne

Pterophyllum jägeri
Schilfsandstein
tonige Fazies, ehemalige Tongrube Esbach bei Coburg
Wedel 35 cm
Otozamites brevifolius
unterster Jura, Hettangium
„Rhätolias“
Schnaittach
Wedel 10 cm
Nilssonia acuminata
unterster Jura, Lias alpha
„Rhätolias“
Pechgraben bei Bayreuth
Wedel 10 cm
Nilssonia acuminata
unterster Jura, Hettangium
„Rhätolias“
Pechgraben bei Bayreuth
Wedel 20 cm
Ausschnitt aus nebenstehender Platte.

Lebende Fossilien?

Definition des Begriffs nach THENIUS, 2000: 
1. Isolierte Stellung im System,
2. Nur eine oder wenige rezente Arten,
3. Einst weite Verbreitung; gegenwärtig meist auf Reliktstandorte beschränkt, 
4. Relativ langsame Evolutionsgeschwindigkeit,
5. Bewahrung altertümlicher Merkmale.

Palmfarne haben zwar ein isolierte Stellung im System inne, entwickelten sich bereits seit Ende des Perms vor 250 Millionen Jahren kaum weiter und haben sich ihre altertümlichen Merkmale bewahrt. Die globalen Aussterbeereignisse am Ende des Perms sowie am Ende der Kreidezeit haben sie beinahe unbeschadet überstanden. Sie sind somit zwar Überlebende aus dem Erdmittelalter aber heute weltweit in zahlreichen Arten rund um den Äquator, meist auf der südlichen Hemisphäre, mit etwa 100 Gattungen und 300 Arten vertreten und damit nicht als lebende Fossilien im engeren Sinn zu betrachten.

Verbreitung der heutigen Palmfarne 
Quelle: Wikipedia

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/80/Cycads_world_distribution.png

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Literatur und Internethinweise

Thenius, Erich (2000): Lebende Fossilien, Oldtimer der Tier- und Pflanzenwelt, Zeugen der Vorzeit; München.

Wachtler, Michael (2013): Ursprünge und Entwicklung der Cycadeen; Dolomythos.
http://docplayer.org/80732600-Michael-wachtler-urspruenge-und-entwicklung-der-cycadeen.html

 

 

 

 

 

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