Wattendorf-Grabung 2017

Ein zähes Ringen mit einem versöhnlichen Abschluss.

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Der offizielle Kampagne 2017 startete am 29. Mai und ging über die nächsten fünf Wochen bis zum 30.Juni.

Die geologischen und stratigraphischen Gegebenheiten im Steinbruch Schorr bei Wattendorf sind im Grabungsbericht  „Die Plattenkalke von Wattendorf“  aus dem Jahr 2014 nachzulesen.

Auch an dieser Stelle sei wieder darauf hingewiesen:
Das Begehen des Steinbruchgeländes wird grundsätzlich, auch an Wochenenden, nicht gestattet.
Außerhalb der Grabungszeiten des Museums Bamberg, sind die Plattenkalke von einer dicken Schicht „Wattendorfer Kalke“ überdeckt.
Die Suche nach Fossilien ist schon deshalb nicht möglich!

Die Grabung dieses Jahres war für mich leider nur ein verkürztes Vergnügen. Sie überschnitt sich mit meinem Urlaub auf der Insel Sardinien (auch hierzu wird später ein kleiner Bericht erscheinen) und der Fossilien-Messe in Ste. Marie aux Mines im schönen Elsass.
Durch diese Einschränkungen konnte ich auch erst am 6. Juni aktiv werden..

 

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Bild recht oben: Mit Stolz präsentierte mir Dr. Mäuser „unsere“ neueste Errungenschaft, einen Container, der als Aufbewahrungsort für Werkzeuge und weiteres Equipment den alten Bauwagen der vergangenen Jahre abgelöst hat. Im Innern hatten Addi und Thomas Holzregale eingebaut, die auf die Größe der einzulagernden Kisten und Kasten abgestimmt waren. Hier hatten wir auch genügend Platz um die Fundstücke des Tages zwischenzulagern. Eine weitere Neuerwerbung die uns das Bergen von Fossilien in der liegenden, dolomitisierten Schicht erleichtert, ist ein Stromaggregat und eine Flex mit einer großen Diamant-Trennscheibe.

Die Limulus-Spur die wir schon 2015 über viele Meter verfolgt hatten, tauchte auch dieses Jahr wieder an verschiedenen Stellen der Grabungsfläche auf. Diesen Horizont legten wir großflächig (min. 40 qm) frei um den Verlauf besser zu rekonstruieren und in der Hoffnung am Spurenende den verursachenden Pfeilschwanzkrebs zu finden. Die Hoffnung hat sich leider bis jetzt nicht erfüllt! Die Spur verläuft in mehreren Schleifen von mehr als 20 Meter Länge, auch mal mit Unterbrechungen und führt dann aus dem aufgedeckten Areal heraus. Der Abstand der Abdrücke ist mit 16 bis 17 cm sehr groß, wie der rezente Pfeilschwanzkrebs mit gleicher „Spurweite“ eindringlich vor Augen führt.

Mit rotem Marker hervorgehobene Spurenfolge
mit den Abstandsangaben.
 EinTeilbereich des Spurenverlaufs auf
der freigelegten Fläche.

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Ein rezenter Pfeilschwanz-Krebs
aus den Museumsbeständen.
So kann man sich den Limulus sp.
vor ca. 155 Mio. Jahren beim erzeugen
der Spur auf dem Lagunengrund vorstellen.

 Während der ersten drei Grabungs-Wochen hatten wir in diesem Jahr wieder mal eine durchschnittliche Anzahl von Fossilien ausgegraben. Fische, Kebse, Pflanzenreste, Kieselschwämme, auch ein großer Fisch über den noch nichts gesagt werden kann, weil er fast komplett im Schichtverband steckt.

Fische wie gefunden: links, unbestimmter Jungfisch, mittig und rechts Tharsis sp.

Ein paar unpräparierte Krebse direkt nach der Bergung:

Ein perfekt erhaltener Schwimmkrebs
Dusa sp.
Der Schwimmkrebs
Koelgia curvirostris

Der Schlankhummer Galicia sp.
Die Platte mit der fehlenden Schere
ist ebenfalls geborgen.

Seeigel bei/nach der Bergung:

Ein Seeigel Rhabdocidaris sp.,
links, deutlich zu erkennen,
die großen Primärstacheln.
Ein Seeigel mit sehr langen dünnen Stacheln.
Die Gehäusekapsel ist noch von
einer dünnen Kalkschicht überdeckt.
 Für die Bergung dieses „Igels“
konnte Thomas erstmals das
neue Equipment einsetzen.

Nur wenige Pflanzenreste sind bisher in diesem Jahr archiviert worden, 2  Exemplare siehe Bilder unten:

Nicht unter den Tisch fallen lassen sollten wir noch die Funde von drei Harpagodes Flügelschnecken die wir schon Jahre nicht mehr entdecken konnten. Siehe untern:

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Aber es waren halt leider nicht die außergewöhnlichen Stücke dabei, auf das wir alle hin fieberten!

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19.Juni; das Blatt hat sich zu unserem Vorteil gewendet! Am Vormittag deckte ich den Zahn eines kleinen Flugsauriers (vermutlich Rhamphorhynchus) auf. Dieser Zahn ist für Wattendorf ein Erstfund für das Bamberger Naturkunde Museum und Dr. Mäuser bemerkte erfreut „das ist die Wende“ ohne auch nur zu ahnen das dem so war!

Der Zahn von Rhamphorrhynchus sp. ?
ist etwa 2 cm lang.

Der abgekaute Zahn eines Steneosaurus sp. ?
hat noch eine Restlänge von ca. 3 cm
und eine Breite an der Basis von ca. 2 cm.

Ebenfalls am Vormittag wurde ein größerer, an der Spitze abgekauter Zahn gefunden , der vermutlich einem Steneosaurus zuzuordnen ist.
Am Nachmittag ging es dann richtig zur Sache! Ein großer außergewöhnlicher Fisch wurde aufgedeckt. Es handelt sich möglicherweise um einen Orthocormus mit knapp 1 Meter Länge! Es war eine komplexe Bergung, weil auf halber Länge durch einen Versatz Fossilteile auf mehreren Ebenen eingelagert waren und in der „neuen“ Ebene die Erhaltung auch nicht mehr so gut war. Aber nach einigen Stunden Teamarbeit konnte der Superfund schließlich verpackt werden.

Die 4 Bilder oben und unten, zeigen ein paar Abschnitte der Bergung, die vom Schwanz aus in Richtung Schädel erfolgte.

 

Am späten Nachmittag, gleicher Tag, entdeckten wir dann noch einen großen Pleurosaurus sp. Die Länge der Echse haben wir auf etwa 120cm geschätzt. Fehlende kleinere Fossilteile konnten wir aus dem bereits abgebauten Material heraussuchen, das zum Glück noch in der Schubkarre lag. Wegen der späten Stunde wurde die komplexe Bergung aber auf den nächsten Tag verschoben. An dieser Arbeit konnte ich leider nicht mehr teilnehmen, weil ich da schon auf dem Weg ins Elsass war. Deshalb gibt es vorerst nur dieses eine Foto.
Beim Pfeil sind die Rippen des Bauchraumes aufgedeckt. Die fehlenden Platten im Bereich des Pfeils konnten wir noch zusammenpuzzeln.

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Die beiden Fotos unten wurden mir nachträglich noch von Dr. Mäuser zur Verfügung gestellt.
Im Bild links unten sind kleine Platten umgedreht, die den Blick auf den Brustraum und Vordergliedmaßen freigeben.
Im Bild rechts unten alle Puzzleteile sind wieder in die ursprüngliche Position gelegt, überall sind die Kennungen zu sehen die den Zusammenhang definieren. Die Echse ist für den Abtransport bereit!

Vom 20. Juni bis 25. Juni musste ich meine Mitarbeit in Wattendorf wegen der Messe in Ste. Marie aux Mines unterbrechen.

 

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Wieder zurück in Deutschland erwartete mich die nächste freudige Überraschung.
Am 23. Juni hatte Addi (Adolf Weller) eine schöne Dusa monocera auf Ebene 7,0 gefunden. Erst bei näherem Hinsehen waren auch die Dendriten gesäumten Umrisse der Schwanzflosse eines Engelhais (vermutlich Pseudorhina sp.) auf der Platte zu erkennen (siehe Pfeil)! Wieder erfolgte die Entdeckung am Nachmittag und deshalb musste die Bergung auf den kommenden Montag verschoben werden. Zum Glück für mich, denn da war ich ja wieder vor Ort.

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Am 26.Juni hatten wir Lynn und Hannes, Chef und Chefin der „ag4 Medien GmbH“ für Filmaufnahmen und eine Zeitrafferdokumentation an unserer Grabungsstelle. Die Bergung des „Engelhais“ sollte aufgezeichnet werden. Dr. Mäuser wurde mit einem Mikrophon ausgestattet um die einzelnen Schritte der Bergung zu kommentieren.
Bei dem Hai handelt es sich um ein männliches Tier. In der liegenden Platte sind die Abdrücke der Klaspern (Begattungsorgane) bei der Bergung freigelegt worden.

Der Fisch liegt in einem ca. 1.5 mm dicken Abschnitt auf der Unterseite eines etwa 1.5 cm dicken Schichtabschnitts. Dadurch mussten wir nur die Einzelteile dieses Schichthorizonts abbauen und auf Schaltafeln und Tabletts einander zuordnen.
Auf den folgenden Bildern sind nur die Abdrücke auf der liegenden Platte fotographiert. Die Unterseite des Fundhorizonts wollten wir aus Sicherheitsgründen nicht aufnehmen weil dazu erforderlich gewesen wäre die jeweiligen Platten umzudrehen. Die Vorsicht verbot eine solche Massnahme.

 
Der Umriss der Schwanzflosse
ist durch die Pfeile markiert.
Weitere Platten wurden abgehoben,
die erste und zweite Rückenflosse liegt frei.

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Weitere Bergungsschritte später
trat der Höhenversatz auf.
Unter diesem Platten liegen Körper und Kopf!
Weiträumig wird die Schicht abgehoben
und gesichert.

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cf. Münsteria vermicularis
der Mega-Vielborszerwurm.
Der Schwanz eines ca. 30 cm langen Raubfisches.
Hier ist uns ein anderer Jäger zuvorgekommen!

Auch wir hatten das Pech, das kurz vor dem Hai-Kopf entlang einer kleinen Kluft ein Höhensprung die Arbeit komplizierte. Einen schmalen Riegel mussten wir mit Sekundenkleber fixieren um den kleinteiligen Verband zu sichern.
Beim weiträumigen Freilegen des Fundareals (um die Spannung an den Klüften der Einzelplatten zu reduzieren) fanden wir noch einen außergewöhnlich großen Vielborster-Wurm (fast 20cm lang) und den abgebissenen Schwanz eines Raubfisches..

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Während der letzten Grabungstage konnten wir noch verschiedene Fische, Seeigel und Krebse sichern. Als herausragender Fund muss hier noch ein Tintenfisch mit Fangarmkrone und Tintenbeutel erwähnt werden. Möglicherweise handelt es sich um einen Acanthoteuthis speciosa?

Die Fangarme (Pfeil oben)
Körperteile (Pfeil mittig, von rechts)
den Anschluß der fehlenden Körperteile
zeigen die beiden kleineren Pfeile unten.
 Der Abdruck der Fangarmkrone.

Am Freitag den 30.6. waren wir mit den Aufräumarbeiten beschäftigt und schlossen damit die offizielle Kampagne 2017 ab.

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Eine erfreuliche Neuerung ist ab diesem Jahr in Abstimmung mit Herrn Schorr (Steinbruchbesitzer) wirksam geworden. Wir ehrenamtlichen Grabungshelfer können in Absprache mit dem Museum auch noch nach der offiziellen Grabung weitergraben. Wir erhoffen uns dadurch im Laufe des Jahres noch den einen oder anderen Fund von wissenschaftlicher Bedeutung zu bergen. 

Die Sonderaktionen an den ich beteiligt war:

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Unseren ersten Einsatz hatte ich mit 2 Kollegen am 11.Juli. Bei einem gepflegten Landregen am Vormittag hatten wir unter dem Grabungszelt horizontiert ein Plattenpaket unseres Schichtstoßes abgebaut. Über Stunden mussten wir uns mit wunderbaren aber fossilfreien Platten begnügen. Erst der spätere Nachmittag bescherte uns den gewünschten Erfolg.

Helmut stieß auf „seinem“ Claim auf verdächtige Buckel, die die normalerweise ebene Schichtoberseite aufwölbten. Beim Abspalten der fossilträchtigen Schicht platze an einer Bruchkante eine kleine Ecke ab, wodurch die gut erhaltene „Rückenflosse“ eines Fisches freigelegt wurde. Bei der weiteren Bergung trennte sich an einer der typischen Klüfte wieder die abdeckende Schicht die uns den Blick auf die „Bauchflosse“ ermöglichte. Aus den beiden Flossen und den starken „Buckeln“ im Schädelbereich ordnen wir den Fund als Proscinetes sp. ein, mit einer Größe von ca. 30cm ein toller Fund.

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In der gleichen Woche folgte noch ein weiterer Einsatz. Wieder bauten wir horizontiert und großflächig verschiedene Schichten ab. Wieder waren bis zum Nachmittag fast keine Funde zu verzeichnen. Wir frotzelten schon darüber, das wir wieder erst kurz vor „Arbeitsende“ fündig werden würden. Und wirklich war es diesmal Albert, der beim Abheben einer Platte Flossenstrahlen unter einem abgebrochenen Splitter fand. Die Bergung des pholidophoriden Fisches mit etwa 28 cm Länge gelang problemlos. Es hat sich doch wieder gelohnt!
Bild rechts.

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In der darauffolgenden Woche hatten wir uns für den 20.7. zum gemeinsamen Arbeitseinsatz verabredet. Heute wollen wir die „dicke Bank“ über dem Aulacomyella-Lage horizontiert abbauen. Die Fundwahrscheinlichkeit in dieser Schicht ist sehr gering, aber um an die liegenden Schichten zu kommen müssen wir uns erst mal plagen. Ein Restareal mit Schichten über der „dicken Bank“ an der Grenze zu den unbearbeiteten Flächen wurde auch in Angriff genommen. Hier war uns das Glück hold! Eine Platte anheben und der Aha-Effekt. Wieder ein Proscinetes diesmal wahrscheinlich ein Proscinetes bernardi. Leider fehlen kleinere Bereiche die auch nicht mehr auffindbar waren, weil die Anschluss-Platten nicht mehr vorhanden waren. Die Bergung verlief wegen der Lage des Fisches in einer gut trennenden Schicht sehr einfach.
Bild links.

Dies blieb für den heutigen Tag der einzige Fund, auch keine der sonst nicht seltenen Tharsis sp. , Seeigel, oder Pflanzenreste konnten wir bergen!

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Am 8.8. „ging wieder mal was zusammen“. Zu viert waren wir an der Grabung Stelle aktiv. Auch Dr. Mäuser hatte sich mal einen Tag „freigenommen“. Erfreut äußerte er sich über unsere systematische horizontierte Abbauweise. Die Erwartungen waren eher niedrig angesiedelt, weil wir die dicke verkieselte Bank über der Aulacomyella-Lage über einen großen Teil des Areals weiter horizontiert abbauen wollten. Nur kleine Reste der hangenden Bänke waren noch durchzuklopfen. Die Ausbeute war wie erwartet gering. Lediglich Dr. Mäuser konnte sich der allgemeinen Tendenz entziehen und fand einen etwa 15cm langen noch unbestimmten Fisch und ein Problematikum. Es könnte sich um eine Koralle cf. Thecosmilia, dann ein Erstfund, aber auch das Bruchstück einer großen Muschelschale handeln! Siehe Bilder unten.

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Das Naturkunde-Museum Bamberg
Fleischstr. 2,
96047 Bamberg
www.naturkundemuseum-bamberg.de

Das Naturkunde-Museum Bamberg und die historische Altstadt von Bamberg sind zu jeder Zeit einen Besuch wert.

Neben der paläontologischen Sammlung, der mineralogischen Sammlung, einer Insektensammlung und vielem mehr, stellt die Vogelsammlung ein weiteres Highlight dar.

Die Wattendorf-Ausstellung ist nunmehr als Dauerausstellung eingerichtet und soll durch die Umbaumaßnahmen in den kommenden Jahren räumlich erweitert werden.

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Auch an dieser Stelle wieder der Hinweis auf die 2. überarbeitete Broschüre:
„Frankenland am Jurastrand“
mit einer großen Informationsfülle und großartigen Bildern auf 60 Seiten.

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Wegen der besonders aufwendigen und schwierigen Präparation der einzigartigen Plattenkalk-Fossilien werden auch in Zukunft Sponsoren gesucht die die Patenschaft (Präparationskosten) für einzelne Objekte übernehmen!

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Informationen über den Förderverein:„Der Freundeskreis des Naturkunde-Museums Bamberg e.V.“

Für September plant Dr. R. Brückner, 1. Vorsitzender, eine Mitgliederversammlung. Hier wird er über Aktivitäten und Entwicklung des Freundeskreises berichten. Wie ich im Vorfeld erfahren konnte, soll auch die Präparation eines Fossils gesponsert werden.
Detaillierte Informationen werden zu gegebener Zeit an dieser Stelle veröffentlicht.

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Die Präparation der „Riesenschildkröte“ aus der Grabung 2015.

Im Fossilien Heft 4/2017 berichten die Präparatoren Pino Völkl-Constantini und Paul Völkl anschaulich über den Aufwand der erforderlich war, das Fossil aus den unzähligen Einzelteilen zu einem Ausstellungsstück aufzubauen.

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c-cfk August 2017

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