Wattendorfer Plattenkalke 2015

Wattendorf Grabung 2015

wieder war es etwas Besonderes!

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Vom 1. Juni bis 30. Juni waren die freiwilligen „Aktivisten“ und Mitarbeiter des Naturkunde-Museums Bamberg aufgerufen sich an der Bergung und Sicherung der Schätze in den Ablagerungen der Plattenkalk-Lagune bei Wattendorf zu beteiligen.
Gemäß der paläogeografischen Lage des Fundortes zur Zeit des oberen Jura, stand die Grabung unter dem Motto:

„Freunde der Südsee“.

Die geologischen und stratigraphischen Gegebenheiten im Steinbruch Schorr bei Wattendorf sind im letztjährigen Grabungsbericht „Die Plattenkalke von Wattendorf“ nachzulesen.
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Auch hier sei nochmal darauf hingewiesen:

Das Begehen des Steinbruchgeländes wird grundsätzlich, auch an Wochenenden, nicht gestattet.
Außerhalb der Grabungszeiten des Museums Bamberg, sind die Plattenkalke von einer dicken Schicht „Wattendorfer Kalke“ überdeckt. Die Suche nach Fossilien ist schon deshalb nicht möglich!
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Zur Vorbereitung der Grabungsfläche wurde das ca. 1.8 Meter mächtige überdeckenden Schichtpaket „Wattendorfer Kalkes“ mittels einer Lockerungssprengung für das Abtragen durch schwere Maschinen zerrüttet.


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Das Grabungsareal in der Vorbereitung:
das gesprengte oberflächliche Lockermaterial wurde bereits abgeräumt. Dr. Mäuser steht auf dem im letzten Jahr abgetragenen Grabungsgebiet. Direkt hinter ihm entsteht unsere neue etwa 18m lange und 10m breite „Spielwiese“.
Wie nachfolgend noch dargestellt wird versüßte uns ein ganz besonderes Schmankerl in diesem Jahr diese Vorarbeit.

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Mit dem Volvo-Großbagger wurde zunächst das festere Deckmaterial grob abgeräumt. Auch später war der Einsatz dieser schweren Maschine von Zeit zu Zeit erforderlich um gelegentlich vorkommende mineralisch fest verbundene Schichtpakete zu entfernen. Die breite Schaufel mit einem glatten Rand am kleineren Bagger eignet sich besonders gut dazu, die Sedimente dann schichtweise bis kurz oberhalb des Zielhorizontes abzutragen. Baggerführer Alex erwies sich beim Umgang mit seinen Maschinen als wahrer Virtuose. Zentimetergenau konnte er dem Schichtverlauf folgen.

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Alle Arbeiten wurden von Dr. Mäuser und mir aufmerksam verfolgt, um sofort einzugreifen wenn etwas Außergewöhnliches zu sehen wäre. Sowohl die abgeladenen Schuttberge als auch die Front des Schichtstoßes standen unter unserer permanenten Beobachtung.

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Das Abräumen der Deckschichten war schon weit fortgeschritten, als wegen eines ca. 1 cm dicken und 10 cm langen dunkelbraunen Knochenstreifens die Baggerarbeiten eingestellt werden mussten. Die sofortige Nachsuche an der Fundstelle begann. Die erforderlichen Anschluss Platten waren schnell gefunden, die Ausdehnung des Fundstücks ins Anstehende war noch nicht abzusehen. In mehrstündiger Arbeit bargen wir dann die größte bisher in Wattendorf gefundene Schildkröte.

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Das Fossil ist mit Brust- und Rücken-Panzer erhalten. Wegen der vielen Klüfte die die Schichten vertikal durchziehen war die Bergung sehr komplex. Zahlreiche große Platten und zahllose kleine Abschnitte wurden durch Markierungen zueinander in Bezug gesetzt. Letztendlich waren 4 Schaltafeln erforderlich um alle Teile für den Transport vorzubereiten.
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Die eingentliche Grabung begann dann am 1. Juni:
Das Grabungszelt war aufgestellt und mit Abspann-Seilen gesichert.
Die Deckfläche der Abbauschicht war weiträumig freigelegt.
Grabungskollege Bruno hat neues „Werkzeug“ zum Einmessen des Fundhorizontes gestiftet,
alle Voraussetzungen für spannende 4 Wochen waren erfüllt.

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Während der ersten beiden Wochen standen wir uns, wegen der Vielzahl von Helfern (zeitweise 7 Personen), fast gegenseitig im Weg. In den Wochen 3 und 4 ging die Beteiligung aus verschiedenen Gründen nahezu um die Häfte zurück. Die Mitarbeiter des Bamberger Museums hatten sich mit den Vorbereitungen für eine neue Sonderausstellung zu beschäftigen, andere Helfer mussten schlichtweg wieder ihrem Broterwerb nachgehen.
Wie im letzten Jahr hatten wir auch dieses Jahr wieder alle Witterungsvariationen, von heiß bis kalt, von stürmisch bis regnerisch war alles dabei. Deshalb waren wir froh für Frühstück und Mittagessen über ein eigenes Zelt zu verfügen. Es war an die Rückseite unseres Bauwagens angebaut in dem alle für die Grabung erforderlichen Werkzeuge und sonstige Utensilien untergebracht waren. In den Pausenzeiten wurde hier viel diskutiert und fabuliert.

Nach Grabungsbuch wurden während der Kampagne 2015 ca. 480 Funde archiviert.
Während der „Fischzug“ in der Lagune dieses Jahr geringer ausfiel hatten wir aber dafür mehr an „Beifang“. Auch die Anzahl von Pflanzen-Fossilien war ebenfalls deutlich kleiner.
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Ein kleiner Auszug aus den diesjährigen Funden:

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Ein riesiger Ammonit,
über die Mündung gemessen
hatte er 52cm im Durchmesser.
Eine Laufspur von
cf. Mesolimulus sp.
konnten wir über eine
Distanz > 5 Meter verfolgen.
Der Zahn (ca. 1.5 cm dick)
eines Kokodils im Querbruch.

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Die Wedelspitze eines Zamites sp. Tharsis sp. in „Grätenerhaltung“. Tharsis sp. in „Schuppenerhaltung“.

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Der Schwanz eines Schmelzschuppers
cf. Pholidophorus ist aufgedeckt.
Leider setzte sich der Fisch
nicht ins Anstehende fort.
Ein Schlangenstern non det. Die Schuppe eines Araukarien-Zapfens.

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Ein Kieselschwamm
Codites.
Die Wohnröhre des Wurms
Muensteria sp.
Eine feinrippige Variante von
Aulacostephanus sp.

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Die Unterseite der Platte auf Ebene 6,5 cm enthüllt Rippen und Knochen einer zerfallenen oder zerbissenen Schildkröte.
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Vom Panzerkrebs Pustulina minuta
wurden mehrere Exemplare gefunden.
Ein Schwimmkrebs,
möglicherweise ein Antrimpos sp.
Ein größeres Exemplar des
Schlankhummers Galicia sp.

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Ein Häutungshemd des Panzerkrebses Eryon sp. Der sehr gut erhaltene Schwimmkrebs
Dusa sp.
Vermutlich Eryon sp. ein Panzerkrebs.

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Alcmonacaris sp.
ein perfekt überlieferter Glaskrebs.
Möglicherweise Palaeastacus  sp.
ebenfalls ein Panzerkrebs.
Ein Krebs in der  Fundsituation,
die der Präparator gar nicht schätzt.
In beiden Platten stecken Teile des Fossils.

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Wegen des geplant Besuchs der Fossilienbörse in Sainte Marie war am 22.Juni mein letzter Einsatztag. Im Tagesverlauf (wir waren zu dritt am werkeln) waren die Funde eher unspektakulär und wir phantasierten von den tollen Funden des letzten Jahres, als uns doch noch das Glück zur Seite stand. Auf Ebene 8,8 hob ich die hangende Platte an und erstarrte vor Freude. Ein Hinterbein, der Schwanz und ein Teil des Panzers einer ca. 35cm langen Schildkröte in wunderschöner Erhaltung lag vor mir. Gemeinsam mit Dr. Mäuser folgte dann die vorsichtige Bergung. So konnte ich mich mit einem tollen Fund aus der diesjährigen Kampagne verabschieden.

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Das sich der Aufwand lohnt ist an den folgenden Bildern nachzuvollziehen, die exemplarisch einige Stücke der letztjährigen Grabung im präparierten Zustand zeigen:

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Unbekannter Raubfisch mit Hai-Fragment.
Ein kompletter Engelhai Pseudorhina.

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Der abgebissene Krokodilschwanz.
Das dazu „passende“ schwanzlose Krokodil der Gattung
Cricosaurus.
Mit dem abgebissenen Schwanz
ergibt sich eine Gesamtlänge von 160 cm.

Hierzu weise ich auf den detailierten Bericht von Dr. M. Mäuser in „Fossilien“, Heft 6/2015 Seite 31 bis 37, hin.

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Das Naturkunde-Museum Bamberg
Fleischstr. 2,
96047 Bamberg
www.naturkundemuseum-bamberg.de

Das Naturkunde- Museum Bamberg ist zu jeder Zeit einen Besuch wert.

Neben der paläontologischen Sammlung, der mineralogischen Sammlung, einer Insektensammlung und vielem mehr, stellt die Vogelsammlung ein weiteres Highlight dar.
Der Vogelsaal aus dem 19. Jahrhundert ist weltweit einzigartig! In den restaurierten Originalvitrinen werden tausende Tierpräparate den Besuchern in der Art des historischen „Naturalienkabinetts“ präsentiert.

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Besonders empfehlen möchte ich an dieser Stelle noch die 2. überarbeitete Broschüre

„Frankenland am Jurastrand“
mit einer großen Informationsfülle über die Lagune von Wattendorf und großartigen Bildern auf 60 Seiten.

Wegen der besonders aufwendigen und schwierigen Präparation der einzigartigen Plattenkalk-Fossilien werden auch in Zukunft Sponsoren gesucht die die Patenschaft (Präparationskosten) für einzelne Objekte übernehmen!

c-cfk 08.2015

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