Mineralisation in fossilen Hohlformen

Fossiliensammler, die auch der Mineralogie nahe stehen, sollten auch einmal Ihr Augenmerk auf die Kristallbildungen in den Kammern von Ammoniten oder in anderen fossilen Hohlformen richten. Nicht immer ist das Fossil, das soeben unter einem Hammerschlag zersprang, auch reif zum Wegwerfen. Man findet oftmals in den Fossilien sehr schöne Mineralien (Bild1). Die nachfolgenden Bilder sollen einen Eindruck verschiedener Mineralisationen liefern.

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Bild1: Stephanoceras aus Evrecy/F mit auskristallisierten Kammern (Calcit, Bergkristall und Goethit)

Wie kann es zu Hohlformen kommen? Betrachten wir doch hierzu einmal die Entstehung eines Fossils. Das Tier stirbt und die Schale wird im Sediment eingebettet. Das Sediment dringt in alle natürlichen Öffnungen und Bruchstellen der Schale ein, und es kann sich im Laufe der Zeit eine Versteinerung mit Schalenerhaltung bilden. Wird die Schale später aufgelöst, so bleibt der Steinkern zurück, der nun den Abguss des Inneren der Schale abbildet. Wird auch der Steinkern ausgelöst, so bleibt lediglich ein Abdruck im umgebenden Sediment zurück (Bild2 rechts), der aber später durch eindringende wässerige Lösungen eine Kristalltapete erhalten kann.

Bei dicht schließenden Schalen (Gehäuseteilen) kann kein Sediment eindringen – es verbleibt der Hohlraum innerhalb der Schale. So ist z.B. bei Ammoniten der Zutritt des Sediments nur zur Wohnkammer ohne weiteres möglich. Die Kammern des Phragmokons sind durch Schale und Septen fast hermetisch abgeschlossen. In diese Hohlräume können hydrothermale oder anderen mineralhaltige Wässern eindringen und auskristallisieren (Bild3). Die mineralbildenden Vorgänge in Sedimenten sind also u.a. Wechselreaktionen zwischen zirkulierenden Lösungen oder Stoffen, die im tieferen Grundwasser gelöst sind, mit Substanzen im Gestein, die frei werden können. Es bilden sich Kristalldrusen (Bild2 links). Wird das Fossil nur teilweise mit Sediment gefüllt, so zeigt das geopedale Gefüge des Sediments als fossile „Wasserwaage“ das Oben und Unten an (Bild27). Das Auftreten von Mineralbildungen in besonders fossilreichen Schichten weist darauf hin, dass die Mineralisation mindestens indirekt durch die organische Substanz beeinflusst wurde, möglicherweise aber auch direkt durch die in den Organismen selbst enthaltenen Mineralanteile.

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Bild2: Entstehung von Steinkern, Abdruck, Hohlform, Kristalldruse und Wasserwaage
(umgezeichnet nach Ziegler 1972 1)

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Bild3: geschnittener Perisphinctes aus Madagaskar

Steinkerne aus Pyrit oder Markasit (Kieskerne) entstehen oft in tonigen bzw. schlecht durchlüfteten Sedimenten. Sie bilden sich nach Art der Konkretion (Bild4 und Bild23) – also von innen nach außen. Dadurch füllen sie oft nur die schwerzugänglichen Schalenteile und täuschen so Zwergwuchs vor.

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Bild4: Kammerscheidewand eines pyritisierten Ammoniten aus Russland

In den fossilen Hohlformen kristallisieren in erster Linie Calcit und Dolomit (oder Ankerit) aus, seltener Quarz in Form von Bergkristall oder Rauchquarz. Häufig ist zusätzlich Goethit in nadeliger Form zu finden. Pyrit und Markasit treten zwar häufig auf der Außenseite eines Fossils auf, sind jedoch nur in seltenen Fällen in guten Kristallen innerhalb der Kammern vorhanden. Als weitere Minerale können Baryt und Zinkblende auftreten. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, eine gute Lupe zu verwenden.

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Bild5: Kammerfüllungen eines Stephanoceras sp. – Evrecy/F
(Calcit und Bergkristall)

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Bild6: Goethit (Garbe ca. 1mm) auf Bergkristall- Evrecy/F

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Bild7: Ludwigia (Geisingen) mit Kammerfüllungen (15,5cm)

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Bilder 8 und 9: Detailaufnahmen der Kammerfüllungen (Goethit auf Calcit)

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Bild10: Calcit-Kristallisation in der Hohlform einer Koralle (Pagny sur Meuse/F)

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Bild11: Detail aus Bild10

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Bild12: „Kelch“ einer Koralle (Pagny sur Meuse/F) mit Calcit-Kristallen

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Bild13: Hohlform einer Turmschnecke aus Pagny sur Meuse mit stehen gebliebener Spindel und Calcit-Kristallen

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Bild14: Hohlform einer Turmschnecke aus Pagny sur Meuse
mit stehen gebliebener Spindel und Calcit-Kristallen – Höhe 2cm

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Bild15: Kammerfüllung einer Parkinsonia aus dem Dogger epsilon von Sengenthal
(Dolomit und Calcit)

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Bild16: Parkinsonia Sengenthal (Calcit auf Dolomit) – Slg.: Knoch

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Bild17: Kammerfüllung eines Ammoniten (Cadomites)
aus dem Dogger epsilon von Sengenthal

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Bild18: Medianschnitt durch Parkinsonia (Sengenthal) Bildbreite 22cm – Slg.: Knoch

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Bild19: Calcit auf Dolomit (Ankerit?) – Detail von vorherigem Bild

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Bild20: Kammern eines Arietes bucklandii aus Aldingen (Calcit-Skalenoeder)

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Bild21: Calcit-Skalenoeder in der Wohnkammer eines Physodoceras sp.
aus dem Malm gamma

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Bild22: Calcit, Baryt und Goethit (nach Pyrit) in einem Aspidoceras (Malm gamma)
Bildbreite 8cm

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Bild23: pyritisierter Quenstedtoceras aus Lettland- Slg.: Knoch

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Bild24: Pyrit und Kupferkies in obigem Quenstetoceras (Lettland)

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Bild25: Pyrit mit Anlauffarben (Kreideammonit aus Dover/GB)

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Bild26: Sphaeronites (Calcit, „Eisenrahm“) – Slg.: Knoch

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Bild27: Orthoceras mit „Wasserwaage“ – Obersilur Tchechien – Slg.: Knoch

1) Ziegler, B. (1972): Einführung in die Paläobiologie, Teil 1: Allgemeine Paläontologie. – 245 S.;
Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung.

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